Wissenschaftliche Weiterentwicklung von Klimaschutzverträgen für die Industrie
Wissenschaftliche Analysen zu Einführung, Design und Skalierung von Klimaschutzverträgen (CCfD) zur Dekarbonisierung der Grundstoffindustrie
Auftraggeber Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Laufzeit August 2021 – August 2024
Hintergrund
Die Klimaschutzpolitik in der EU und auch national in Deutschland nimmt spürbar an Fahrt auf. In Deutschland resultierte ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum nationalen Klima-schutzgesetz im März 2021 in einer erheblichen Ambitionsverschärfung des Zielgerüsts. Das Ziel der Klimaneutralität wurde auf 2045 vorgezogen und die sektorspezifischen Zwischenziele für den Zeitraum 2023-2030 verschärft. Der hieraus resultierende Druck, zügig wirksame Maßnahmen umzusetzen, die zu erheblichen Emissionsminderungen führen, ist enorm. Für den Industriesektor ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, die Emissionen der relevanten Quellgruppen 1.A.2 und 2 statt wie bisher auf 140 Mio. t CO2 äq. nun auf 118 Mio. t CO2 äq. in 2030 zu senken. Unter Berücksichtigung der typischerweise sehr langen Reinvestitionszyklen und technischen Anlagenlebensdauer in der emissionsintensiven Grundstoffindustrie ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Markteinführung innovativer und weitgehend treibhausgasneutraler Produktionsverfahren, noch in dieser Dekade in relevantem Umfang zu starten.
Klimaschutzverträge nach dem CCfD-Ansatz bieten die Möglichkeit, die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit klimafreundlicher Produktionsverfahren gegenüber den marktgängigen konventionellen Technologien bereits im Rahmen des bestehenden CO2-Bepreisungssystems gemeinsam mit anderen Instrumenten (z.B. Dekarbonisierungsrichtlinie, IF) so weit auszugleichen, dass Investitionen in neue Produktionsanlagen in industriellem Umfang bereits in der laufenden Dekade stattfinden können. Zentrales Ausgestaltungskriterium sind vertraglich definierte, zeitlich dynamisch angepasste Vertragspreise über eine bestimmte Vertragslaufzeit. Sobald durch Änderungen des klimapolitischen Rahmens (z.B. neuer CL-Schutzmechanismus) und durch Verknappung auf dem CO2-Markt Wettbewerbsfähigkeit eintritt, verlieren Klimaschutzverträge absehbar ihre Funktion. Es handelt sich also um ein Übergangsinstrument zur Beschleunigung der Industrietransformation und zur Realisierung von Vorzieheffekten.
Ziele
Das Projekt begleitet und unterstützt die Ausgestaltung des nationalen Pilotprogramms Klimaschutzverträge des BMWK, basierend auf wissenschaftlichen Grundlagen. Die Erkenntnisse des Vorhabens sollen nach Bedarf und möglichst zielgerichtet in die Weiterentwicklung des Programms einfließen, die Entwicklung von Politikempfehlungen für BMWK als Ergebnis der unten dargestellten Arbeitspakete ist zentral für die Wirksamkeit des vorgeschlagenen Vorhabens.
Ausgewählte relevante Branchen bzw. Produktionsverfahren werden im Detail analysiert, insbesondere bzgl. ihrer Kostenstruktur und damit zu erwartender Vermeidungskosten.
Zwar sind Klimaschutzverträge/CCfDs ein projektspezifisches Instrument, die Voraussetzungen (z.B. Preisparameter wie CO2-Preis) als auch die Wirkungen betreffen jedoch absehbar das gesamte Energiesystem. Daher werden auch Wechselwirkungen mit dem Energiesystem untersucht. Auch Finanzierungsbedarfe für Unternehmen können sich durch die Nutzung von CCfDs anders darstellen. Klimaschutzverträge / CCfDs sollten darüber hinaus als Politikinstrument in ihrem Wechselspiel mit anderen Politiken für die emissionsintensive Industrie, beispielsweise anderen Förderinstrumenten, dem ETS sowie CBAM und möglichen neuen Instrumenten wie Nachfragequoten, betrachtet werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen Bemühungen, national und auf EU-Ebene, um eine ambitioniertere Klimapolitik. In diesem Zusammenhang werden auch Fragen bzgl. der Wechselwirkungen mit anderen Märkten, insbesondere für Wasserstoff und erneuerbaren Strom bearbeitet. Hier sind auch Überlegungen zu grünen Leitmärkten und Kriterien/Definitionen z.B. für grünen Wasserstoff und grüne Grundstoffe anzustellen bzw. Konsistenz zu Regelungen z.B. im Rahmen der RED II/III sicherzustellen.
Die genannten Arbeiten werden, im Sinne einer Querschnittsfunktion, durch juristische Expertisen nach Bedarf unterstützt.
Ergänzt werden die Arbeiten durch Vernetzung und Transfer, sowohl durch eigene Veranstaltungen als auch durch Vernetzung mit parallellaufenden anderen wissenschaftlichen Vorhaben sowie durch die Publikation von Ergebnissen in verschiedenen Formaten.
Insgesamt kann erwartet werden, dass die erzielten Ergebnisse, die auf den genannten Zielsetzungen beruhen, mittelbar zur Etablierung von Klimaschutzverträgen als Instrument der Klimapolitik in der Industrie und somit auch zur Umsetzung konkreter Projekte zur Dekarbonisierung der Industrie beitragen werden.